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AutorenbildEberhard Spree

IV. Einige Ergänzungen zum Spielfilm „Bach – Ein Weihnachtswunder“: Carl Philipp Emanuel Bach

Die Handlung des Spielfilms „Bach – Ein Weihnachtswunder“ beginnt mit dem Schreiben eines Briefes. Er ist an eine Person gerichtet, die im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle spielt. Dieser Filmcharakter orientiert sich an Carl Philipp Emanuel Bach, dem zweitältesten Sohn Johann Sebastian Bachs. (Es gibt einen Umschlag mit Noten Johann Sebastian Bachs, auf dem die Worte „Carl u Christel“ zu finden sind. Forschungen legen nahe, dass „Carl“ für Carl Philipp Emanuel und „Christel“ für Johann Christian, den jüngsten Sohn von Anna Magdalena, stehen. Bisher hat sich die Anrede Carl für Carl Philipp Emanuel aber nicht durchgesetzt. Um Irritationen zu vermeiden, werde ich in diesem Beitrag immer seine drei Vornamen nutzen.)

Carl Philipp Emanuel wurde am 8. März 1714 in Weimar geboren. Seine Mutter Maria Barbara verstarb im Juli 1720. Am 3. Dezember 1721 heirate sein Vater in Köthen die Hofsängerin Anna Magdalena Wilcke. Im Mai 1723 zog die Familie nach Leipzig. Carl Philipp Emanuel wurde externer Schüler an der Thomasschule. (Siehe dazu „Einige Ergänzungen zum Spielfilm „Bach – Ein Weihnachtswunder“. Teil II: Elisabeth Juliana Friderica") Am 1. Oktober 1731 begann er ein Jura-Studium an der Universität Leipzig. Damit folgte er seinem älteren Bruder Wilhelm Friedemann. Über ihn berichtete Johann Sebastian in einem Brief vom Oktober 1730: „Mein ältester Sohn ist Studiosus Juris“. In diesem Brief gab er als einen der Gründe für seinen Wechsel nach Leipzig an: „zumahln da meine Söhne denen studiis zu incliniren schienen“. (Dok I, Seite 67 f.) In späteren Jahren schrieb Carl Philipp Emanuel, dass er auf musikalischem Gebiet nie einen anderen Lehrer als seinen Vater gehabt habe. Es scheint diesem aber auch wichtig gewesen zu sein, eine akademische Ausbildung zu ermöglichen. Ein Studium kostete aber sehr viel Geld. In einer Akte fand ich die Aufstellung eines Studenten, der im Auftrag der Universität Leipzig seine Ausgaben für ein Jahr mitteilte. Die Summe belief sich auf 500 Taler. Wenn dort auch einige Posten, wie zum Beispiel die Miete, bei den Söhnen Bachs entfielen, so ist doch davon auszugehen, dass pro Sohn mindestens eine Summe zu zahlen war, die halb so hoch lag. Dazu ein Vergleich: das Einkommen eines ausgebildeten Berghäuers im Erzgebirge betrug im Jahr rund 75 Taler. (Spree 2021, Seiten 108 ff.) In Einzelfällen wurden die Kosten für ein Universitätsstudium durch Institutionen oder reiche Gönner übernommen. Diese verlangten dann regelmäßig Rechenschaft über den Umgang mit dem Geld. Für die Söhne Bachs gibt es keine Hinweise auf solche Unterstützungen. Somit ist davon auszugehen, dass ihr Vater dafür zahlte. Ein Studium gegen seinen Willen wäre nicht möglich gewesen. Im September 1734 wechselte Carl Philipp Emanuel an die Universität Frankfurt an der Oder, was diese Kosten noch erhöht haben dürfte. Danach wurde er Musiker beim Kronprinzen Friedrich, der 1740, als Friedrich II., König in Preußen und Kurfürst von Brandenburg wurde.

Mit seiner Familie in Leipzig stand Carl Philipp Emanuel weiterhin in engem Kontakt. Pate seines Sohnes Johann August, der 1745 zur Welt kam, wurde sein Vater Johann Sebastian, Patin der 1747 geborenen Tochter Anna Carolina Philippina seine Stiefmutter Anna Magdalena. Nach dem Tod Johann Sebastians stand er weiter in privatem Kontakt mit seiner Stiefmutter und arbeitete auch geschäftlich mit ihr bis zu ihrem Tod zusammen. Seinen Halbbruder Johann Christian bildete er musikalisch aus.

Abbildung: Carl Philipp Emanuel Bach, Pastell von Johann Philipp Bach, um 1775

(Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv, K. P. E. I,1)

 

1767 wurde Carl Philipp Emanuel Musikdirektor in Hamburg, wo er am 14. Dezember 1788 verstarb.

Das Werk seines Vaters schätzte er. Er veröffentlichte Kompositionen von ihm (Dok III, Seiten 179 ff.) und führte seine Werke auf. (Ottenberg 1982, Seiten 158 f., 161, 241) Sehr viele Manuskripte Johann Sebastian Bachs blieben erhalten, weil Carl Philipp Emanuel sie in Ehren hielt und sorgsam mit ihnen umging. (Wolff 2005, Seite 501)

Er unterstützte seine Halbschwester Elisabeth Juliana Friderica finanziell. (CPEB-Dok, Seiten 281 und 803 f.) Auch sein Bruder Wilhelm Friedemann erhielt von ihm finanzielle Zuwendungen. Allerdings stellte Carl Philipp Emanuel diese wieder ein, „weil nichts bey ihm angewendet ist, wenn er ihm auch noch so viel schicken wollte, welches er schon öfters gethan hat, ohne Dank dafür zu haben.“ (CPEB-Dok, Seite 803)

 

In „Bach – Ein Weihnachtswunder“ spielen die Schwierigkeiten der Figur Carl Philipp Emanuels mit seinem Vater eine wesentliche Rolle. Wilhelm Friedemann wird hingegen als eine Person dargestellt, die mit dem Vater in großem Einverständnis lebt. Die Annahme, dass Wilhelm Friedemann der Lieblingssohn Johann Sebastians war, beruht unter anderem auf einer Aussage von Carl Friedrich Cramer aus den 1790er Jahren: „Er war nur mit dem Friedemann, dem großen Orgelspieler, zufrieden. Selbst von Carl Philipp Emanuel sagte er (ungerecht): ՚s Berliner Blau! ՚s verschießt! – Auf den Londner Chrétien Bach [Johann Christian Bach] wandte er den Gellertschen Vers immer an: Der Jürge kömmt gewiß durch seine Dummheit fort! […] Ich habe diese Urtheile aus Friedemanns Munde selbst.“ (Dok III, Seite 518) Wenn diese Aussage korrekt überliefert ist, kann ich ihr allerdings nur bedingt entnehmen, wie der Vater seine Söhne beurteilte. Sie enthalten für mich allerdings Hinweise auf den Charakter Wilhelm Friedemanns. Von Carl Philipp Emanuel sind mir so abfällige Bemerkung über die musikalischen Leistungen seiner Brüder nicht bekannt. Mein Eindruck wird durch Erinnerungen Jacob von Stählins verstärkt, der von 1732 bis 1734 in Leipzig lebte. Er schrieb über seine Erlebnisse 1784. In einer Zusammenfassung dieses Briefes heißt es: „Fast täglich während seines langen Aufenthalts in Leipzig […] habe er mit dem berühmten Karl Philipp Emanuel Bach Umgang gepflogen und zuweilen ein Solo oder ein Konzert im Musikkolleg seines Vaters gespielt. Der älteste der drei Bachs seiner Bekanntschaft, Wilhelm Friedemann…., habe den etwas affektierten Elegant herausgekehrt; dagegen habe sich der zweite, eben jener Karl Philipp Emanuel, zum Unterschied von seinen Brüdern ,der schwarze Bach՚ durch Natürlichkeit, Tiefe und Nachdenklichkeit ausgezeichnet und sei trotzdem ein lustiger Gesellschafter gewesen.“ (Dok III, Seite 408)

 

Ein Film lebt von den Spannungen der agierenden Personen. Ich maße mir nicht an, mit den Charakteren der Mitglieder der Familie Bach im Einzelnen vertraut zu sein. Mit Sicherheit wird es dort Konflikte gegeben haben, die sich im Laufe der Zeit auch änderten. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, dass ich mir eine Filmhandlung, in der Carl Philipp Emanuel in großem Einverständnis mit seinem Vater lebt, gut vorstellen könnte.



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